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Giftchemikalie PFAS: Torpediert der Lobby-Ansturm bei der EU den Umweltschutz?

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SWR Aktuell: Lassen Sie uns ganz von vorne anfangen. PFAS werden auch Ewigkeits-Chemikalien genannt. Wie ewig ist ewig?
Wenn PFAS einmal in die Umwelt gelangen, ist es sehr schwer, sie wieder zu entfernen
Catharina Felke: Wir können schon davon ausgehen, dass das viele Jahrzehnte sind, von denen wir sprechen. Man muss ja sagen bei den PFAS: Die werden künstlich hergestellt, die kommen ja so in der Natur nicht vor. Das heißt aber auch: Wir haben keinen Mechanismus zum Beispiel in unserem Körper, der diese Stoffe abbauen kann. Wenn die einmal in die Umwelt gelangen, dann ist es auch sehr schwer, sie von dort wieder zu entfernen. Und etwas von denen bleibt eigentlich immer übrig. SWR Aktuell: Es heißt, es gibt gefährliche und harmlose PFAS. Lässt sich das einfach so bestimmen? Felke: Ehrlich gesagt, nicht. Wir sprechen hier von einer sehr großen Gruppe. PFAS, das sind rund 10.000 Stoffe. Man hat das in der Vergangenheit zum Beispiel so gemacht, dass man gesagt hat: Okay, da gibt es einen Stoff, der scheint gefährlich, den verbieten wir. Dann hat aber die Industrie stattdessen eben ein sogenanntes harmloses PFAS entwickelt, nur um dann später oft festzustellen, so harmlos ist es dann auch nicht. Es ist eben nicht so leicht. Und es gibt auf der anderen Seite einige PFAS, die schon sehr gut untersucht sind. Da wissen wir, die sind zum Beispiel krebserregend, können Leber- oder Nierenschäden hervorrufen. Diese Liste der gesundheitsschädlichen Konsequenzen ist sehr lang. SWR Aktuell: Stichwort harmlos. PFAS wird eingesetzt bei so Produkten wie wasserabweisender Kleidung oder medizinischen Apparaten. Weniger harmlos wird es dann bei der Herstellung und auch bei der Entsorgung. Was passiert da genau? Felke: Wenn wir zum Beispiel bei einer Gruppe dieser PFAS bleiben, der Fluorpolymere: Die erzeugen zum Beispiel diesen Antihafteffekt, den wir kennen von wasserabweisender Kleidung. Um die herzustellen, braucht man aber wiederum gefährliche PFAS, die zum Beispiel krebserregend sein können. Und wenn diese Produkte später in diesem Lebenszyklus wieder entsorgt werden und zum Beispiel auf der Müllhalde landen, dann gelangen diese Stoffe natürlich in den Boden und über den Regen ins Grundwasser und verbreiten sich wieder. Das heißt, man muss sich eigentlich immer diesen kompletten Kreislauf anschauen. Wie Sie gesagt haben: Die Herstellung und die Entsorgung sind schon ein großes Problem. SWR Aktuell: PFAS ist nichts, was weit weg irgendwo in der Welt stattfindet. Gerade die Gegend rund um Baden-Baden und Rastatt hat ein massives PFAS-Problem. Brunnen mussten stillgelegt werden, Äcker könne nicht normal bewirtschaftet werden. Jetzt hat sich die EU überlegt, den Einsatz von PFAS teilweise zu verbieten. Lässt sich das so einfach umsetzen? Felke: Nein, eben nicht, weil sie in so vielen Produkten vorkommen. Also eben nicht nur in der wasserabweisenden Kleidung oder medizinischen Geräten, sondern auch in der Sonnencreme, in beschichteten Bratpfannen, aber auch zum Beispiel in Brennstoffzellen in der Industrie. Und manche dieser Produkte sind für die Gesellschaft eben sehr wichtig, wie zum Beispiel Medizingeräte. Aber deswegen gibt es dieses EU-Verfahren. Denn da möchte man sich überlegen: Wo können diese Stoffe denn ersetzt werden, in welchen Produkten, wie zum Beispiel jetzt in der Sonnencreme oder im Skiwachs? Und wo braucht es aber vielleicht noch Übergangsfristen und zumindest jetzt Ausnahmen, bis man dann Alternativen gefunden hat. Das könnte zum Beispiel für die Medizingeräte der Fall werden. SWR Aktuell: Das mögliche Verbot hat bereits Lobbyisten auf den Plan gerufen, die versuchen, Einfluss auf Brüssel zu nehmen. Was haben ihre Recherchen dazu ergeben? Felke: Ich finde, wir können tatsächlich sagen die PFAS-Lobby hat wirklich alles in die Gänge gesetzt, um zu verhindern, dass PFAS in Zukunft eingeschränkt werden. Die entsprechenden Unternehmen und Verbände haben der EU die Türen eingerannt. Sie haben Tausende Schreiben eingereicht, mit denen sie zeigen wollen, dass einige PFAS harmlos sind und eben nicht gefährlich, weder für den Menschen noch für die Umwelt. Das Problem dabei ist aber: Sie benutzen in ihren Schreiben oft falsche Angaben, übertriebene Zahlen oder nennen gar keine Quellen. Oder manchmal nennen sie sogar Quellen, deren Autoren selbst aus der PFAS-Lobby kommen - und damit natürlich auch ein Eigeninteresse verfolgen. SWR Aktuell: Jetzt darf ja jeder Lobbyist seinen Job machen. Man muss aber von Politikerseite nicht darauf eingehen. Wo stehen wir gerade in der EU in Sachen PFAS-Verbot? Felke: Das stimmt, aber wir sehen doch durch unsere Recherchen, dass die Lobbyisten offenbar Erfolg haben. Viele Politikerinnen und Politiker, wie beispielsweise auch die Wirtschaftsministerin aus Baden-Württemberg, Frau Hoffmeister-Kraut, übernehmen Argumente der Industrie. Da muss man sich natürlich schon die Frage stellen: Wird das ungeprüft übernommen? Oder ergibt sich da offensichtlich aus den Interessen so eine große Schnittmenge? Das bedeutet aber natürlich, dass diese Lobby-Argumente jetzt auch eine andere Ebene erreichen, andere Interessensvertreter erreichen - und das ganze Verfahren verzögert sich jetzt schon. Ursprünglich hat man damit gerechnet, dass das vielleicht nächstes Jahr sogar schon in Kraft treten kann, vielleicht sogar dieses. Mittlerweile muss man sagen, das wird schon noch ein bis zwei Jahre dauern. SWR Aktuell: Noch sind die Grünen in Deutschland in der Regierungsverantwortung, da müsste doch die Mauer gegen PFAS stehen - oder?
Sogar Bundeswirtschaftsminister Habeck ist der PFAS-Lobby aufgesessen

Quelle: Catharina Felke, NDR-Journalistin

Felke: Das denkt man so. Aber tatsächlich haben diese Argumente der Industrie sogar Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erreicht. Sogar der ist der Lobby aufgesessen. Und wir können in internen Dokumenten sehen, die uns vorliegen: Auch er übernimmt Argumente der Industrie. SWR Aktuell: Jetzt könnte man den Eindruck gewinnen, PFAS seien unersetzlich. Gibt es tatsächlich keine Alternativen? Felke: Das kommt auf die Verwendung an. In einigen Bereichen ist es sicher so, dass es bereits Alternativen gibt. Wenn wir zum Beispiel an die Wärmepumpe denken, da gibt es mittlerweile viele Alternativen. Insofern werde da ein Ausstieg aus den PFAS relativ leicht. Für die Produkte, wo es vielleicht noch keine Alternativen gibt, braucht es natürlich mehr Zeit. Aber dafür sind in diesem EU-Verfahren eben auch Übergangsfristen vorgesehen, damit man diese nutzen kann, um dazu zu forschen und eben konkret an Alternativen zu arbeiten. SWR Aktuell: Jetzt haben sie ja lange zum Thema PFAS recherchiert. Hat sich ihr persönliches Verhalten dazu geändert? Felke: Ich muss schon sagen, dass diese Recherche jetzt mir noch einmal deutlich vor Augen geführt hat, was für ein großes Problem das ist heutzutage. Wir sind ja mit sehr vielen Problemen mittlerweile konfrontiert. Es gibt die Klimakrise, es gibt das Artensterben, und aus den Gesprächen mit Experten und Expertinnen ist für mich wirklich noch einmal deutlich geworden: Das Problem mit PFAS gehört zu dieser Gruppe dazu. Also, wenn wir sagen auf einer Skala von eins bis zehn, wie schlimm ist es? Da hat man mir wirklich unisono jedesmal gesagt: Es ist eine Zehn.
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Wenn PFAS einmal in die Umwelt gelangen, ist es sehr schwer, sie wieder zu entfernen
Catharina Felke: Wir können schon davon ausgehen, dass das viele Jahrzehnte sind, von denen wir sprechen. Man muss ja sagen bei den PFAS: Die werden künstlich hergestellt, die kommen ja so in der Natur nicht vor. Das heißt aber auch: Wir haben keinen Mechanismus zum Beispiel in unserem Körper, der diese Stoffe abbauen kann. Wenn die einmal in die Umwelt gelangen, dann ist es auch sehr schwer, sie von dort wieder zu entfernen. Und etwas von denen bleibt eigentlich immer übrig. SWR Aktuell: Es heißt, es gibt gefährliche und harmlose PFAS. Lässt sich das einfach so bestimmen? Felke: Ehrlich gesagt, nicht. Wir sprechen hier von einer sehr großen Gruppe. PFAS, das sind rund 10.000 Stoffe. Man hat das in der Vergangenheit zum Beispiel so gemacht, dass man gesagt hat: Okay, da gibt es einen Stoff, der scheint gefährlich, den verbieten wir. Dann hat aber die Industrie stattdessen eben ein sogenanntes harmloses PFAS entwickelt, nur um dann später oft festzustellen, so harmlos ist es dann auch nicht. Es ist eben nicht so leicht. Und es gibt auf der anderen Seite einige PFAS, die schon sehr gut untersucht sind. Da wissen wir, die sind zum Beispiel krebserregend, können Leber- oder Nierenschäden hervorrufen. Diese Liste der gesundheitsschädlichen Konsequenzen ist sehr lang. SWR Aktuell: Stichwort harmlos. PFAS wird eingesetzt bei so Produkten wie wasserabweisender Kleidung oder medizinischen Apparaten. Weniger harmlos wird es dann bei der Herstellung und auch bei der Entsorgung. Was passiert da genau? Felke: Wenn wir zum Beispiel bei einer Gruppe dieser PFAS bleiben, der Fluorpolymere: Die erzeugen zum Beispiel diesen Antihafteffekt, den wir kennen von wasserabweisender Kleidung. Um die herzustellen, braucht man aber wiederum gefährliche PFAS, die zum Beispiel krebserregend sein können. Und wenn diese Produkte später in diesem Lebenszyklus wieder entsorgt werden und zum Beispiel auf der Müllhalde landen, dann gelangen diese Stoffe natürlich in den Boden und über den Regen ins Grundwasser und verbreiten sich wieder. Das heißt, man muss sich eigentlich immer diesen kompletten Kreislauf anschauen. Wie Sie gesagt haben: Die Herstellung und die Entsorgung sind schon ein großes Problem. SWR Aktuell: PFAS ist nichts, was weit weg irgendwo in der Welt stattfindet. Gerade die Gegend rund um Baden-Baden und Rastatt hat ein massives PFAS-Problem. Brunnen mussten stillgelegt werden, Äcker könne nicht normal bewirtschaftet werden. Jetzt hat sich die EU überlegt, den Einsatz von PFAS teilweise zu verbieten. Lässt sich das so einfach umsetzen? Felke: Nein, eben nicht, weil sie in so vielen Produkten vorkommen. Also eben nicht nur in der wasserabweisenden Kleidung oder medizinischen Geräten, sondern auch in der Sonnencreme, in beschichteten Bratpfannen, aber auch zum Beispiel in Brennstoffzellen in der Industrie. Und manche dieser Produkte sind für die Gesellschaft eben sehr wichtig, wie zum Beispiel Medizingeräte. Aber deswegen gibt es dieses EU-Verfahren. Denn da möchte man sich überlegen: Wo können diese Stoffe denn ersetzt werden, in welchen Produkten, wie zum Beispiel jetzt in der Sonnencreme oder im Skiwachs? Und wo braucht es aber vielleicht noch Übergangsfristen und zumindest jetzt Ausnahmen, bis man dann Alternativen gefunden hat. Das könnte zum Beispiel für die Medizingeräte der Fall werden. SWR Aktuell: Das mögliche Verbot hat bereits Lobbyisten auf den Plan gerufen, die versuchen, Einfluss auf Brüssel zu nehmen. Was haben ihre Recherchen dazu ergeben? Felke: Ich finde, wir können tatsächlich sagen die PFAS-Lobby hat wirklich alles in die Gänge gesetzt, um zu verhindern, dass PFAS in Zukunft eingeschränkt werden. Die entsprechenden Unternehmen und Verbände haben der EU die Türen eingerannt. Sie haben Tausende Schreiben eingereicht, mit denen sie zeigen wollen, dass einige PFAS harmlos sind und eben nicht gefährlich, weder für den Menschen noch für die Umwelt. Das Problem dabei ist aber: Sie benutzen in ihren Schreiben oft falsche Angaben, übertriebene Zahlen oder nennen gar keine Quellen. Oder manchmal nennen sie sogar Quellen, deren Autoren selbst aus der PFAS-Lobby kommen - und damit natürlich auch ein Eigeninteresse verfolgen. SWR Aktuell: Jetzt darf ja jeder Lobbyist seinen Job machen. Man muss aber von Politikerseite nicht darauf eingehen. Wo stehen wir gerade in der EU in Sachen PFAS-Verbot? Felke: Das stimmt, aber wir sehen doch durch unsere Recherchen, dass die Lobbyisten offenbar Erfolg haben. Viele Politikerinnen und Politiker, wie beispielsweise auch die Wirtschaftsministerin aus Baden-Württemberg, Frau Hoffmeister-Kraut, übernehmen Argumente der Industrie. Da muss man sich natürlich schon die Frage stellen: Wird das ungeprüft übernommen? Oder ergibt sich da offensichtlich aus den Interessen so eine große Schnittmenge? Das bedeutet aber natürlich, dass diese Lobby-Argumente jetzt auch eine andere Ebene erreichen, andere Interessensvertreter erreichen - und das ganze Verfahren verzögert sich jetzt schon. Ursprünglich hat man damit gerechnet, dass das vielleicht nächstes Jahr sogar schon in Kraft treten kann, vielleicht sogar dieses. Mittlerweile muss man sagen, das wird schon noch ein bis zwei Jahre dauern. SWR Aktuell: Noch sind die Grünen in Deutschland in der Regierungsverantwortung, da müsste doch die Mauer gegen PFAS stehen - oder?
Sogar Bundeswirtschaftsminister Habeck ist der PFAS-Lobby aufgesessen

Quelle: Catharina Felke, NDR-Journalistin

Felke: Das denkt man so. Aber tatsächlich haben diese Argumente der Industrie sogar Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck erreicht. Sogar der ist der Lobby aufgesessen. Und wir können in internen Dokumenten sehen, die uns vorliegen: Auch er übernimmt Argumente der Industrie. SWR Aktuell: Jetzt könnte man den Eindruck gewinnen, PFAS seien unersetzlich. Gibt es tatsächlich keine Alternativen? Felke: Das kommt auf die Verwendung an. In einigen Bereichen ist es sicher so, dass es bereits Alternativen gibt. Wenn wir zum Beispiel an die Wärmepumpe denken, da gibt es mittlerweile viele Alternativen. Insofern werde da ein Ausstieg aus den PFAS relativ leicht. Für die Produkte, wo es vielleicht noch keine Alternativen gibt, braucht es natürlich mehr Zeit. Aber dafür sind in diesem EU-Verfahren eben auch Übergangsfristen vorgesehen, damit man diese nutzen kann, um dazu zu forschen und eben konkret an Alternativen zu arbeiten. SWR Aktuell: Jetzt haben sie ja lange zum Thema PFAS recherchiert. Hat sich ihr persönliches Verhalten dazu geändert? Felke: Ich muss schon sagen, dass diese Recherche jetzt mir noch einmal deutlich vor Augen geführt hat, was für ein großes Problem das ist heutzutage. Wir sind ja mit sehr vielen Problemen mittlerweile konfrontiert. Es gibt die Klimakrise, es gibt das Artensterben, und aus den Gesprächen mit Experten und Expertinnen ist für mich wirklich noch einmal deutlich geworden: Das Problem mit PFAS gehört zu dieser Gruppe dazu. Also, wenn wir sagen auf einer Skala von eins bis zehn, wie schlimm ist es? Da hat man mir wirklich unisono jedesmal gesagt: Es ist eine Zehn.
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